Skonto-Regelung in Apothekenreform ist verfassungswidrig


Die geplante Skonto-Neuregelung der Großhandelsvergütung im Rahmen des vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgelegten Referentenentwurfs des Apotheken-Reformgesetzes (ApoRG) ist verfassungswidrig. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens des Kölner Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Stephan Rixen im Auftrag des PHAGRO | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels. Die vom BMG vorgesehene Ergänzung in § 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) mit dem Ziel, „Rabatte und Vergünstigungen“, insbesondere aber Skonti, über den variablen Großhandelszuschlag und über den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers hinaus gesetzlich zuzulassen, verstößt gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit und das Rechtsstaatsprinzip.

Der Verfasser des Gutachtens, Prof. Dr. Stephan Rixen, ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht mit dem Schwerpunkt Staatsrecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität zu Köln und dort Leiter der Forschungsstelle für das Recht des Gesundheitswesens. In seinem Gutachten prüft er die geplante Neuregelung von § 2 AMPreisV auf ihre Verfassungsmäßigkeit.* Diese verletzt demnach die vollversorgenden pharmazeutischen Großhandelsunternehmen in ihrer grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

Der neue Satz 2 in § 2 AMPreisV („Abweichend von Satz 1 zweiter Halbsatz ist die Gewährung von handelsüblichen Rabatten oder Vergünstigungen zulässig.“) setzt aus Sicht des Gutachters  weder den im Arzneimittelgesetz (AMG) angelegten Rechtsbegriff der Preisspanne „korrekt um, noch lässt er erkennen, dass die berechtigten Interessen der vollversorgenden pharmazeutischen Großhändler berücksichtigt wurden“. Letzteres ist aber ausdrücklich vom Gesetzgeber in § 78 Abs. 2 Arzneimittelgesetz gefordert.

Zugleich sei nicht erkennbar, dass die Interessen der Patientinnen und Patienten beachtet worden wären, „deren Schutz den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandelsunternehmen als öffentlicher Versorgungsauftrag (§ 52b AMG) aufgegeben ist“. Dieser Auftrag müsse den Gesetzgeber „dazu anhalten, die Auswirkungen der geplanten Neuregelung (…) zu prüfen, insbesondere dahingehend, inwieweit eine bestimmte preisrechtliche Regulierung genau diesen Versorgungsauftrag gefährdet“.

„Keine gesetzliche Regelung einseitig zu Lasten des Großhandels“

Eine finanzielle Sicherung der Apotheken könne und müsse rechtsnormsystematisch korrekt dadurch erfolgen, dass die Apothekenzuschläge gemäß § 3 AMPreisV erhöht werden: „Die Lösung wäre demnach also nicht, bislang verbotene Rabatte (Vergünstigungen, Preisnachlässe) durch hochunbestimmte Normen in einer den Wettbewerb weithin freigebenden und damit den Versorgungsauftrag  (…) gefährdenden Weise zu gestatten, sondern dem in der AMPreisV entfalteten Regelungskonzept (…) zu folgen.“

Dies hatte bereits der Bundesgerichtshof in seiner Begründung zum Skonto-Urteil vom 8. Februar 2024 erklärt. Entsprechend hatte der PHAGRO in seiner Stellungnahme zum ApoRG-Referentenentwurf gefordert, die angemessene Vergütung der Apotheken durch eine entsprechende Anpassung der Apothekenzuschläge zu sichern und den vollversorgenden Großhandel leistungsgerecht und strukturerhaltend zu vergüten. Im Vorfeld der Kabinettsbefassung am 17. Juli bekräftigen die PHAGRO-Geschäftsführer Thomas Porstner und Michael Dammann diese Position: „Dem Pharmagroßhandel würde die finanzielle Grundlage, die er zur Erfüllung seines gesetzlichen Sicherstellungsauftrag zwingend braucht, per Gesetz entzogen werden: eine gesetzliche Mindestvergütung.“

Zu diesem Schluss kommt auch das Gutachten von Professor Rixen: „Der Gesetzgeber darf die Wettbewerbssituation des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels nicht derart gefährden, dass dieser seinen öffentlichen Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen kann und so auf die Arzneimittelversorgung angewiesene Patientinnen und Patienten in Gefahr geraten.“

Das Gutachten ist hier nachzulesen: Zur Verfassungswidrigkeit des § 2 AMPreisV im Referentenentwurf eines Apotheken-Reformgesetzes (ApoRG).

* Der Referentenentwurf formuliert § 2 AMPreisV wie folgt: „Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken sind auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ein Festzuschlag von 73 Cent sowie die Umsatzsteuer zu erheben; zusätzlich darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro erhoben werden. Abweichend von Satz 1 zweiter Halbsatz ist die Gewährung von handelsüblichen Rabatten oder Vergünstigungen zulässig.“