Pharma-Großhandel für die Gesundheitswirtschaft unverzichtbar


Vertreter der Gesundheitspolitik, der Pharmaindustrie und der Krankenkassen lobten die Leistungen des Pharma-Großhandels für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung in Deutschland. Im Rahmen des 6. Pharma-Großhandelstages des PHAGRO | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels diskutierten rund 300 Gäste in Berlin über die aktuelle Situation im Arzneimittelmarkt. Dabei standen die Bedeutung des Großhandels für das Gesundheitssystem, aber auch die Zukunftsperspektiven der Branche, die einen beispiellosen Rückgang ihrer Handelsmarge in den letzten Jahren zu verkraften hat, im Mittelpunkt des Interesses.

Daniel Bahr, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Gesundheit, hob in seinem Grußwort die besondere Rolle des Großhandels für den gesamten Arzneimittelmarkt hervor. „Bei der schnellen und flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit dem Schweinegrippe-Impfstoff konnte man sehen, wie wichtig die Leistungen des vollversorgenden, herstellerneutralen Großhandels sind“, so Bahr. Er informierte die Besucher des Großhandelstages darüber, dass zum 01.01.2011 die Neuregelung der Vergütungsstruktur des Pharma-Großhandels vorgesehen ist. Die genaue Ausgestaltung der Zahlen befinde sich noch in der Diskussion. „Sie wird aber die hohe Leistungsfähigkeit des Pharma-Großhandels berücksichtigen“, so Bahr abschließend.

Die Bedeutung des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels für die gesetzlichen Krankenkassen skizzierte der stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der AOK Baden-Württemberg, Dr. Christopher Hermann. Am Beispiel der Rabattverträge erläuterte Dr. Hermann die Bedeutung einer umfassenden und konzertierten Bevorratung von Apotheken mit rabattierten Arzneimitteln. „Dies auf höchstem Niveau sicherzustellen ist eine der Kernleistungen des pharmazeutischen Großhandels“, so Dr. Hermann. Dies dürfe bei allen politischen Diskussionen um Kostendämpfung nicht vergessen werden. Für die AOK und sicherlich auch für andere Krankenkassen seien die Leistungen des Pharma-Großhandels eine Grundvoraussetzung bei der Umsetzung von innovativen Sparmaßnahmen im Gesundheitssystem.

Einen Rückblick auf die Entwicklung des Pharma-Großhandels in den letzten drei Jahren unternahmen Dr. Peter Thormann und Dr. Katharina Lange, Verfasser einer Deloitte-Studie über den Pharma-Großhandel aus dem Jahre 2007. Ziel der Studie war es, die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells des pharmazeutischen Großhandels unter den sich verändernden Marktbedingungen zu bewerten. Mit Blick auf die heutige Situation sprach Dr. Thormann Erfolge der Branche, jedoch auch noch offene Fragen an: „Die Festschreibung des Versorgungsprinzips sowie des Belieferungsanspruchs sind fraglos wichtige Meilensteine. Allerdings gibt es vor allem hinsichtlich der Wettbewerbsvoraussetzungen, insbesondere gegenüber den direkt liefernden Herstellern, noch deutliche Defizite“, sagte Dr. Thormann. Er mahnte daher eine rasche Umsetzung eines Erlösmodells an, das den Großhandel weniger anfällig macht für strukturelle politische Veränderungen. Dies sei nicht zuletzt wichtig, weil anderenfalls die Kosten für die Allgemeinheit deutlich in die Höhe gingen.

Auf großes Interesse stieß auch der Vortrag von Elmar Mand, Professor für Zivil- und Gesundheitsrecht an der Philipps-Universität Marburg. Er setzte sich mit der Frage auseinander, ob nach der 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes nun auch jedem vollversorgenden Großhändler gegenüber jedem Arzneimittelhersteller ein individueller Belieferungsanspruch zusteht. Seiner Einschätzung nach ergibt sich aus dem Gesetz ein unmittelbarer Kontrahierungszwang: „Die Nichtbelieferung einzelner Großhändler stellt eine Behinderung und Diskriminierung gegenüber den belieferten Großhandlungen dar“, so Prof. Mand. „Demzufolge kann jeder Großhändler grundsätzlich von allen Herstellern die Lieferung seines inländischen Bedarfs verlangen und notfalls auch gerichtlich einklagen“. Es sei vor dem Hintergrund der Direktlieferungen einiger Hersteller an die Apotheken von größter Bedeutung für den Großhandel, dass in diesem Punkt Klarheit herrsche.

Das PHAGRO-Vorstandsmitglied Lothar Jenne widmete sich der Fälschungssicherheit von Arzneimitteln. Beim Vergleich diverser Systeme zur Kontrolle und Nachverfolgung von Medikamenten-Packungen seien hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit große Unterschiede festzustellen. „Arzneimittel-Sicherheit entsteht nicht dadurch, dass der Weg des gefälschten Arzneimittels nach dem Tod des Patienten aufgeklärt wird, sondern dadurch, dass das eingenommene Arzneimittel sicher ist“, erläuterte Jenne. Es gebe heute Ansätze, die zuverlässig und sicher die Einschleusung von Fälschungen in den Handel ausschließen, so Jenne. Sämtliche Marktteilnehmer seien aufgefordert, bei der Einführung von verbindlichen Standards mitzuhelfen.

Der im Vorfeld des Großhandelstages frisch wiedergewählte PHAGRO-Vorsitzende Dr. Thomas Trümper äußerte sich zufrieden über den Verlauf der Veranstaltung: „Es hat sich deutlich gezeigt, dass der vollversorgende, herstellerneutrale Großhandel bei allen relevanten Playern im Gesundheitssystem größte Anerkennung genießt. Ich bin zuversichtlich, dass wir damit auch nicht mehr allzu lange auf die rechtliche Absicherung eines fairen Vergütungsmodells warten müssen“.