PHAGRO mit Alternative erfolgreich


Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO) hat auf Grund zahlreicher Reklamationen aus der Apothekerschaft über Engpässe bei einigen Arzneimitteln einen Lösungsansatz entwickelt, um der ihm und den Herstellern auferlegten gesetzlichen Verpflichtung zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung nachkommen zu können.

Auslöser dafür war ein Vorschlag der Firma Pfizer, ein völlig neu strukturiertes Verteilungssystem einzuführen. Dem haben sich die im PHAGRO verbundenen 16 vollversorgenden herstellerneutralen pharmazeutischen Großhandlungen widersetzt, da grundlegende Eigenschaften der herstellerneutralen Großhandelstätigkeit aufgegeben und weitere Nachteile für Großhandel und Apotheken eingeführt werden sollten.

In konstruktiver Kritik, die Problematik der Situation erkennend, hat der PHAGRO deshalb selbst die Initiative zur Ausarbeitung einer systemkonformen Lösung ergriffen. Die letzten Maßnahmen der Politik bei der Preisgestaltung des Arzneimittelmarktes haben in der Tat bewirkt, dass einige Produkte wesentlich günstiger auf dem deutschen Markt zu erhalten sind, als im Ausland. Dies führt zu Exporten und damit zu einer Unterversorgung des deutschen Marktes.

Der PHAGRO sieht eine mögliche Lösung in Vertriebsbindungsverträgen. Diese würden, bei ausgewählten Produkten, für die eine nachweisbare Unterversorgung vorliegt, z. B. auf der Ebene zwischen Großhandel und Hersteller die vertragliche Verpflichtung der PHAGRO Mitglieder vorsehen, ausschließlich deutsche Apotheken zu beliefern.

Gestützt wird diese Idee von Art. 81 Abs. 2 des EU-Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel, der eine „geteilte Verantwortung“ zwischen Herstellern und Großhändlern zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung vorsieht und damit eine Gleichgewichtung der Prinzipien des freien Warenverkehrs und der ausreichenden Arzneimittelversorgung nationaler Märkte voraussetzt. Nicht nur die Schlussanträge des Generalanwalts im Fall Syfait ./. Glaxo Smith Kline (C-53/03) zeigen, dass hier ein Umdenkungsprozess stattfindet.

Ein erstes Gespräch darüber hat kürzlich mit der deutschen Kartellbehörde stattgefunden. Diese hat die Zielsetzung des PHAGRO als legitim anerkannt, nicht nur wegen der Notwendigkeit der ausreichenden Arzneimittelversorgung der Patienten, sondern auch wegen der Bedrohung des klassischen Großhandels durch das vorgeschlagene Modell. Der vorgelegte Vertragsentwurf muss allerdings noch optimiert und objektive Kriterien für die Aufnahme der betroffenen Produkte in die Vertriebsbindung ausgearbeitet werden. Da von solch einem Vertrag auch andere EU-Staaten berührt wären, obliegt die endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit aber auf jeden Fall der europäischen Kartellbehörde.

Die grundsätzliche Bereitschaft des Bundeskartellamtes, sich mit dem Thema weiter auseinander zu setzen, ist bereits ein erster erfolgreicher Schritt in Richtung einer systemkonformen Lösung, die sicher von vielen international arbeitenden Pharmaherstellern mit großem Interesse verfolgt wird. Der PHAGRO wird nun daran arbeiten, um die von der Kartellbehörde eingebrachten Anregungen kurzfristig umzusetzen. Dabei hofft er auf die Mitwirkung der Apothekerverbände, denn nur sie können die Daten liefern, die zum Beweis einer Unterversorgung erforderlich sind. Dies allerdings sieht der PHAGRO mit Zuversicht, denn es waren ja gerade die Apotheker, die den Missstand in Deutschland angemahnt und einen dringenden Appell an Großhandel und Hersteller zur schnellen Abhilfe gerichtet hatten.