Grußwort von Marcus Freitag zur Eröffnung der Expopharm 2024


Zur Eröffnung der Expopharm 2024 und zum bevorstehenden Deutschen Apothekertag komme ich zu Ihnen mit den besten Grüßen und Wünschen des Vorstandes des Bundesverbandes PHAGRO und seiner Mitgliedsunternehmen. Auch in diesem Jahr freue ich mich, Sie alle zu treffen und mich mit Ihnen auszutauschen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit scheint mir in diesem Jahr wichtiger denn je. Angesichts der angespannten politischen Lage ist es gerade jetzt besonders dringend, dass wir gemeinsame Lösungen entwickeln und der Politik vernünftige Handlungsoptionen aufzeigen.

Apotheken, Industrie und Großhandel tun gemeinsam alles, um die Arzneimittelversorgung der Menschen zu sichern. Deshalb müssen alle drei Handelsstufen gestärkt und für die Zukunft gesichert werden. Solange die Entwicklung und Herstellung, die Lagerung und der Transport, die Beratung und Abgabe von Arzneimitteln nicht angemessen vergütet und strukturell gefestigt werden, wird die Arzneimittelversorgung unsicher bleiben. Aber bitte, liebe Gesundheitspolitiker, machen Sie das mit uns zusammen und nicht zu Lasten und auf Kosten der Beteiligten, was dann immer auch heißt, zu Lasten der Patientinnen und Patienten.

Andernfalls wird der Preis hoch sein, den die Gesellschaft, den wir alle, für weitere Versäumnisse zahlen müssen. Nicht nur bei Verwaltung, Infrastruktur und Wettbewerbsfähigkeit – auch im Gesundheitswesen stellen die Menschen fest, dass Dinge, die sie jahrzehntelang für selbstverständlich gehalten haben, nicht mehr richtig funktionieren. So ist gerade auch die Gesundheitsversorgung ein Gradmesser für das Funktionieren unseres Gemeinwesens insgesamt. Hier darf nicht noch mehr Vertrauen verloren gehen, sondern es muss zurückgewonnen und aufgebaut werden.

Doch es zeigt sich leider ein Muster: Ob GKV-Finanzstrukturreform, Krankenhausreform oder jetzt die Pflege – immer wieder bleibt die Politik nach großen Ankündigungen hinter den Erwartungen, und auch hinter dem Notwendigen, zurück. Auch beim Apothekenreformgesetz spricht vieles dafür, dass der Bundesgesundheitsminister nicht durchsetzen kann, was er angekündigt hat. In diesem Fall wäre das absolut wünschenswert. Vom Gedanken der Apotheke ohne Apotheker abzurücken und auf die Stimmen der Leistungserbringer zu hören, wäre gut für die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Es wäre der richtige Schritt und ein Erfolg auch Ihrer vehementen öffentlichen Kritik als Stimme der Apotheken.

Zugleich möchte ich betonen, dass der Ansatz, die aktuelle Gesundheits- und damit auch die Arzneimittelversorgung in Deutschland an der einen oder anderen Stelle zu hinterfragen, aus systemischer Sicht dringend notwendig ist. Lassen Sie uns gemeinsam Mehrwerte aufzeigen, die die Leistungserbringer zukünftig anbieten können. Ich bin sicher, das wird die Politik honorieren!

In einem bitte ich Sie ganz konkret erneut um Ihre Unterstützung: Es darf nicht dazu kommen, dass wir uns als Marktpartner – wie jetzt beim Thema Skonto –auseinandertreiben lassen. Veränderungen an der Arzneimittelpreisverordnung dürfen nicht einseitig zu Lasten eines Handelspartners gehen. Deshalb sage ich hier auch offen, dass wir als Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels nicht zustimmen können, wenn der Gesetzgeber einen Zustand ermöglichen will, der die Großhandelsspanne korrumpiert und den der Bundesgerichtshof als Unrecht erkannt hat. Anstatt eines Gezerres an einer immer zu kurzen Decke brauchen wir eine finanzielle Auskömmlichkeit im System.

Der vollversorgende Pharmagroßhandel stellt sicher, dass Sie Ihren Patientinnen und Patienten in der Apotheke alle nachgefragten Arzneimittel zur Verfügung stellen können, oft noch am selben Tag. Wir sind Ihr Backup, Ihr Garant für die Vollversorgung. Ich sage aber ganz deutlich: Noch! Denn die Vollversorgung steht auf dem Spiel. Wenn die Änderung der Apotheken- und Großhandelsvergütung so kommt, wie bislang geplant, dann: Adé Versorgungssicherheit. Niemand kann Apotheken und Großhandel zwingen, sich unwirtschaftlich zu verhalten, erst recht nicht die Politik.

Denn unsere Leistungen, auf die sich jede und jeder hier in diesem Land verlässt, ja, verlassen kann, sind mit hohen Kosten verbunden, dafür brauchen wir verlässliche Konditionen. Zugleich müssen wir aber auch gemeinsam schauen, welche Leistungen eigentlich benötigt werden und an welche wir uns lediglich gewöhnt haben. Daher betone ich heute erneut: Großhandel und Apotheken sollten eine politische Lösung im gemeinsamen Interesse finden, anstatt sich auseinander dividieren zu lassen.

Auch an anderer Stelle lassen Sie uns gemeinsam unsere Ansprüche an die Politik formulieren. Insbesondere, wenn es um ungleiche Wettbewerbsbedingungen geht. Wenn zum Beispiel wir, Apotheken und Großhandel, großen Aufwand betreiben, um die Lager- und Transportbedingungen von Arzneimitteln einzuhalten, ausländische Versender aber weiterhin überhaupt nicht, d.h.: null Komma null, kontrolliert werden. Dann werden die Vorgaben zur Arzneimittel- und Patientensicherheit zur Makulatur und die Gesundheit der Patienten auf dem Altar der Versandverliebtheit der Bundesregierung geopfert. Und das Sicherheitsrisiko wird größer, je mehr auch rezeptpflichtige Arzneimittel versandt werden können. Hier müssen wir, Großhandel und Apotheken, zusammen selbstbewusst auftreten: Nur wer über unseren gemeinsamen Vertriebsweg bestellt, hat die volle Sicherheit.

Wir wissen, der Versandhandel schaut sehr gezielt auf die Chroniker, die regelmäßig die gleichen Medikamente verordnet bekommen. Besonders diesen Patienten gegenüber wird die Versorgung per Telemedizin und Versandhandel auch mit entsprechenden Medienbudgets als bequem und verlässlich dargestellt. Das sind Ihre Patienten, liebe Apothekerinnen und Apotheker, die Sie teils seit Jahrzehnten verlässlich und persönlich – auch im Notdienst – versorgen! Ihre Großhandelspartner entwickeln gerade zum Beispiel mit den bereits heute einsetzbaren Card-Link Apps für Sie elementare Services, um im Wettbewerb mithalten zu können. Damit kein Zweifel aufkommt, dass niemand schneller und sicherer mit Arzneimitteln versorgt als die öffentliche Apotheke.

Auch in Bezug auf die Versorgungslage sollten wir mit einer Stimme sprechen. Denn wir müssen einen erheblichen Zusatzaufwand betreiben, weil die Medikamente knapp sind – aus Gründen, die politisch zu verantworten sind. Gemeinsam haben Großhandel und Apothekerschaft immer wieder vor einer Versorgungskrise gewarnt. Als sie eingetreten war, haben wir gemeinsam darauf hingewiesen, dass die geplanten Maßnahmen – ich nenne hier das Lieferengpassbekämpfungsgesetz aus dem vergangenen Jahr – nicht ausreichen werden. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im September hat nun gezeigt: Wir hatten Recht.

Wer daran langfristig und strukturell etwas ändern will, muss die Apotheken und den Großhandel und nicht zuletzt auch die Industrie stärken. Denn wir tragen für die Arzneimittelversorgung gemeinsam Sorge und stehen gegenüber den Patientinnen und Patienten in der Pflicht. Lassen Sie uns darum ein Bündnis für die Arzneimittel- und Patientensicherheit in Deutschland schmieden.

Der Expopharm und dem Deutschen Apothekertag wünsche ich einen guten Verlauf, viel Erfolg, und uns allen gute Gespräche! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

München, 9. Oktober 2024